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 Mittwoch, 8. Oktober 2014

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Kriegsspiel nach Reißwitz  Belagerung von Torgau 1813

bei der Kriegesschule 1819

Bekanntlich war das taktische Kriegsspiel bei den preußischen Offiziers nach 1815 ein beliebter Zeitvertreib in Clubs und dergleichen: daher sollte in der diesjährigen Kriegsschule der Versuch unternommen werden, das Kriegsspiel auf die Belagerung von Torgau zu übertragen. Die Herrn Officiers sollen sich so mit dem Terrain und den taktischen Manoeuvres vertraut machen. Da nun das Spiel mit den Bewegungen im 2-Minutentakt und den entsprechenden Distancen nicht auf den mehrere Wochen dauernden Belagerungskrieg übertragbar ist, so legte der Herr Schiedsrichter ein sehr einfaches Szenario für die erstmalige Erprobung der Spielregeln fest.

Am Kriegsspiel nahmen teil Capitain Blesson als Schiedsrichter, die Capitaines Schmidt (Scheinangriff auf Döbern) und Berger als Oberkommandierender für die Ausfalltruppen, die Majors Schluppkothen (in Döbern) und Schäfer (in Siptitz als Oberkommandierender) für die Belagerer. Die taktischen Regeln wurden am Sonntagmorgen ca. eine ¾ Stunde von Capitain Blesson erläutert und auch dahin gehend vereinfacht, daß die Verluste und das Zurückweichen mit einem gewöhnlichen Würfel bestimmt wurden. Eine Karte von der Umgebung der Festung war im Maßstab ca. 1:8000 vorbereitet worden, worauf die sichtbaren Einheiten in Festung, Forts und Posten plaziert wurden. Die Ausfalltruppen waren ebenso wie die Reserven anfangs für den Gegner nicht sichtbar. Die jeweiligen Offiziere durften ihre Befehle nur über Schiefertafeln austauschen, die von einem Kurier mit der entsprechenden Verzögerung überbracht wurden. Marsch- und Feuerdistanzen wurden per Stechzirkel vom Maßstabslineal abgegriffen

Die Kriegsgeschichte der Belagerung von Torgau war den Absolventen tags zuvor vertraut gemacht worden; hier also noch einmal kurz gefaßt für das Szenario.

Von Oktober bis November wurde die Festung vom Corps Tauentzien immer enger zerniert, das heißt alle Ortschaften im unmittelbaren Vorfeld der Festung wurden mit starken Posten besetzt. Um die Stadt direkt bombardieren zu können, wurde die Teichschanze erstürmt, und es wurden dort Wurfbatterien zur Bombardierung der Stadt in etwa 1300 Schritt vor den Außenwerken der Hauptumwallung als Diversion eingerichtet. Ca. 1/3 preußische Meile elbaufwärts wurde eine Pontonbrücke zwischen Loßwig und Graditz zur Kommunikation zwischen den beiden Teilen des Belagerungscorps errichtet. Die Artilleriedepots wurden in Süptitz für den Angriff auf Fort Zinna und in  Döbrichau für die Ablenkung des Brückenkopfes eingerichtet; ein weiterer Belagerungspark wurde bei Döbern angenommen. In der Nacht vom 26. auf den 27. November 1813 wurden die offenen Trancheen, d.h. die 1. Parallele vor Zinna eröffnet und mit 4 Batterien bestückt. Es war also nur eine Frage von ca. 14 Tagen, daß das Fort Zinna fallen und somit nur wenige Tage später den gesamten Fall der Festung bewirken mußte, was beiden Parteien bekannt war.

Die Belagerten mußten also schnell handeln, solange sie noch Reserven hatten. Als erstes war das Angriffsziel unter den vier Vorgegebenen zu erkennen: Pontonbrücke, Depot Döbern, Batterie an der Teichschanze und die Trancheen vor Fort Zinna. Das letztere wurde den Capitaines Berger und Schmidt ganz richtig als das wichtigste Ziel bestimmt. Ein Ausbruch wurde erst gar nicht in Betracht gezogen.

Der Schiedsrichter gab die Nacht vom 29. auf den 30. November im Morgengrauen, also ca. 7 Uhr, als Beginn des Ausfalls vor. Die Disposition der Ausfalltruppen war wie folgt: Eine Diversion mit zwei schwachen Bataillons sollte einen Angriff auf das Depot Döbern vortäuschen, dann aber nach Westen einschwenken und die Vorposten vom Gut Mahla und Welsau vertreiben, und dann auf Zinna vorrücken, um die Batterie in der Flanke zu gewinnen. Die Hauptmacht sollte aus dem Leipziger Tor längs der Eilenburger Straße auf Naundorf vorrücken; eine weitere Kolonne direkt auf dem Weg nach Zinna unterhalb des Forts die Parallele in der Flanke aufrollen, da nur eine schwache preußische Trancheewache vermutet wurde.

Das Belagerungscorps hatte in Schußweite der Festung feste Posten eingerichtet, die sich so lange gegen einen Ausfall verteidigen sollten, bis die Reserven eintrafen . Die Belagerungsbatterien erhielten als Trancheewache ein Bataillon, einen Zug Schützen sowie des Nachts eine halbe Fußbatterie an den Flügeln zur Deckung, welche letztere morgens nach Siptitz abgezogen wurde, um der Festungsartillerie kein Ziel zu bieten. Das Depot in Zinna war nur durch ein schwaches Bataillon verteidigt. Das Artilleriedepot in Siptitz wurde durch 4 Bataillone Landwehr geschützt, die auch gleichzeitig als Bedeckung für die Belagerungsbatterie operieren sollten.

Das preußische Belagerungskorps traf der Ausfall unerwartet; Major Schäfer nahm sogar einen Ausbruch nach Eilenburg an und konzentrierte seine Kräfte dort, anstatt die Belagerungsbatterien zu verteidigen. Das in Döbern liegende Bataillon für die Bedeckung des Parks wurde sofort alarmiert und mit 2 Geschützen sowie einer Dragonereskadron Richtung Welsau in Marsch gesetzt. Die aus Zinna herbeigeeilten 4 Dragonerescadronen konnten allerdings bei Naundorf die ins Karree gegangene Infanterie ohne unterstützende Artillerie und Infanterie nicht werfen. Unterdessen erreichte die franz. Kolonne mit den Sappeurs die Trancheen und warf erst die Schützen, dann den herbeigeeilten Soutien aus den Batterien. Ein inzwischen alarmiertes Landwehrregiment mit einer halben Fußbatterie marschierte aus Siptitz zu langsam heran, um noch die Zerstörung der Trancheen, der Geschütze und der Verbrauchspulvermagazine zu verhindern – eine Aktion von ca. 10 Minuten! Damit endete das Szenario nach ca. 2 ½ Stunden Spielzeit am Sonntagmittag gegen ein Uhr.

Beurteilung: Der französische Ausfall hatte sein Ziel erreicht, allerdings hätte sich der Rückzug durch die beiden Tore angesichts der preußischen Übermacht schwierig gestaltet – unter dem Schutz der Batterien von Zinna und Mahla hätten sich hingegen die Ausfalltruppen wieder sammeln können. Die preußischen Reserven hätten höchstens 1000 Schritt, also nur ca. 10 min Marschzeit von der Batterie, nämlich in Zinna postiert sein müssen. Die Trancheen wären zwar leicht wieder herzustellen gewesen, Geschütze und Pulver wären hingegen sehr viel schwieriger zu ersetzen gewesen. Für die Belagerten wurde also ein Zeitgewinn von maximal fünf Tagen angenommen. Weiter ist anzumerken, daß beide Parteien von den kombinierten Waffen nicht recht Gebrauch zu machen mußten, besonders die Artillerie wurde ausnahmslos schlecht plaziert und verlor so viel von ihrer Wirkung. Zweifellos wäre der Major Schäfer wegen des Verlustes der Belagerungs-Batterie vor das Kriegsgericht zitiert worden, wenn er nicht sehr einflußreiche Fürsprecher gehabt hätte …

Die flüssige Umsetzung der komplizierten Regeln im Zweiminutentakt bedarf zweifellos der intensiveren Vorbereitung, wie der Schiedsrichter gestehen muß. Jedoch konnte gezeigt werden, daß man das Kriegsspiel umsetzen und ihm spannende Seiten abgewinnen kann…

Quellen

Reiswitz, Georg Heinrich Rudolf von 1824. Anleitung zur Darstellung militairischer Manöver mit dem Apparat des Kriegs-Spieles. Berlin.

Reiswitz, George Leopold von 1812. Taktisches Kriegs-Spiel oder Anleitung zu einer mechanischen Vorrichtung um taktische Manoeuvres sinnlich darzustellen. Berlin.

 

Das Kriegsspiel vom Sonntag

Die Spielsteine

Die Spielsteine

Das ganze Spielfeld

Das ganze Spielfeld

Die Festung

Die Festung

Details

Details

Lagebesprechung

Lagebesprechung

Ausgangslage

Ausgangslage

Bombardierung

Bombardierung

Capitaine Berger

Capitaine Berger

Der Gegenangriff

Der Gegenangriff

Begehrlicher Blick

Begehrlicher Blick

Am Ziel

Am Ziel

Übungen zur topographischen Aufnahme mit dem Meßtische

Karten

Karten

Ein Malkasten

Ein Malkasten

Musterblätter

Musterblätter

Leichter Meßtisch

Leichter Meßtisch

Einweisung des Capitaine Schmidt

Einweisung des Capitaine Schmidt

Eigene Studien

Eigene Studien

Capitaine Berger

Capitaine Berger

Capitaine Schmidt

Capitaine Schmidt

Ergebnis

Ergebnis

Detail

Detail