Aufgabe
Die Standlinie ist für eine Basiserweiterung eines großen Dreiecks für die Triangulation bei s’Hertogenbosch in dem vereinigten Königreich der
Niederlande zu vermessen (Mai 1814). Siehe auch Triangulation II.
Lösung
Wahl der Strecke: Die zu vermessende Basis wird auf einer geraden und ebenen Chaussee zwischen Hedikhuizen, Engelen und Haarstegen ziemlich genau in
Ost-West-Richtung so gewählt, daß von den Endpunkten jeweils die beiden Zielpunkte nördlich und südlich der Standlinie anvisiert werden können.
Meßkette: Die nähere Einrichtung der Meß=Kette, Fr. Chaine d' Arpenteur, besteht in Folgendem; Man läßt von eisernem, etwa einen
mäßigen Feder=Kiel dicken, Drahte gleich lange, gerade Stäbe, wie r k, l p etc. verfertigen, deren Enden umgebogen, und durch Ringe n von geschlagenem Messing mit einander verbunden sind. Die Entfernung zwischen
jeden nächst auf einander folgenden Mittelpuncten zweyer Ringe muß genau einerley Länge, z. B. die Länge eines Fußes, betragen; und dergleichen Glieder oder Fuße werden so viele an einander gehängt, bis man genau
eine Länge von einigen Ruthen erhält. Gemeiniglich macht man die Kette 5 Ruthen lang. Die einzelnen Ruthen werden aber durch etwas größere Ringe angedeutet, durch deren Mittelpuncte um sie von andern gut
unterscheiden zu können, kleine Quer=Riegel durchgehen, wie Q zeigt. An beyden Enden der solcher Gestalt eingerichteten Meß=Kette werden ein Par große Ringe, wie A, etwa 1 1/2 Z. im Durchmesser, angebracht,
damit die beyden Enden der Kette an die dazu gehörigen Ketten=Stäbe gesteckt werden können; diese sind etwa 4 Fuß hohe cylindrische Stäbe, in der Dicke, daß man die äussersten Ringe der Kette an dieselben
herablassen könne. Den untern Theil eines solchen Ketten=Stabes, wie man sie gewöhnlich verfertigt, sieht man bey P; daselbst ist q n ein eiserner, in eine pyramidenförmige Spitze sich endigender Stift, oder ein
Stachel, welcher unten an die Seiten=Fläche des cylindrischen Ketten=Stabes fest angeschuhet ist. q n ist etwa 3 Z. lang, und oben 2 Lin. dick. Das untere Ende des Stabes selbst ist etwa in einer Höhe von zwey Zoll,
von der Grund=Fläche an gerechnet, mit Eisen beschlagen, und ungefähr bey i geht ein Stist durch, der auf beyden Seiten des Stabes hervor raget; diese Einrichtung dient dazu, daß, wenn die äussersten Ringe A der
Meß=Kette an den Ketten=Stäben herunter gelassen werden, solche auf den hervorragenden Enden dieser Stiste zu ruhen kommen. Den Anfangs=Punct der Meß=Kette nenne ich denjenigen Punct, wo die Schuhe angerechnet
werden. Wenn nun, wie gewöhnlich, der Stachel q n an der Seiten=Fläche des Ketten=Stabes befestigt ist, und der Ring A an dem Ketten=Stabe herab gelassen wird, so würde der Anfangs=Punct einer auszumessenden Linie,
in welchen der Ketten=Stab eingesetzt wird, zu liegen kommen, wenn die Fuße der Meß=Kette von dem Mittel=Puncte des an P steckenden Ringes angerechnet würden. Man pflegt daher nicht von dem Mittel=Puncte des Ringes
A, sondern von dessen äussersten Ende m die Schuhe anzurechnen, und dann den Ring A so an den Ketten=Stab P zu stecken, daß der äusserste Punct m gerade über den Stachel q n zu ruhen kommt, damit, wenn der Stachel
in den Anfangs=Punct einer auszumessenden Länge eingesetzt wird, alsdann der Anfang der Meß=Kette oder der Punct m gerade über den Anfangs=Punct der auszumessenden Linie zu liegen komme. (Krünitz)
Vermessung: Die 20m lange Meßkette wird mittels zweier Ziehstäbe gespannt. Bei jedem Schlag (Wechsel) wird der Hintermann zum Vordermann, wobei immer der
Hintermann die Direktion angiebt, d.h. die Richtung genau entlang des Chausseegrabens alignieret sei. Der Hintermann achtet ferner darauf, daß die Kettengleider sich nicht verhaken, auch die Kette gehörig
straff gezogen wird. Der Vordermann postiert sich stets seitwärts, so daß der Hintermann das Alignement zum Endpunkt prüfen kann. Wenn die Erde nicht zu hart, so steckt der Hintermann immer eine Zähnadel beim
Kettenschlag in die Erde, die hinterher vom Landmesser aufgesammelt und gezählet wird.
Jeder Kettenschlag wird im Feldbuch (Diarium) vermerkt.
Die beiden Endpunkte werden durch Zeugen (Tonscherben) markiert.
Ergebnis
Man zählt 56 Kettenschläge plus 3,92 Meter. Beim ersten Durchlauf wurde ein Kettenschlag nicht gezählt, weswegen die Länge ein zweites Mal gemessen
wurde.Die Basis hat also eine Länge von 1123,92 Metern mit einer Genauigkeit von plus/minus 1,36 Metern.
Penther Joh(ann). Friedr(ich): Praxis Geometriae, worinnen nicht nur alle bey dem Feld-Messen vorkommende Fälle, mit Stäben, dem Astrolabio, der Boussole, und der Mensul, in Ausmessung eintzeler
Linien, Flächen und gantzer Revier, welche, wenn deren etliche angräntzende zusammen genommen, eine Land-Karte ausmachen, auf ebenen Boden und Gebürgen, wie auch die Abnehmung derer Höhen und Wasser-Fälle, nebst
beygefügten practischen Hand-Griffen deutlich erörtert... werden. 2 Tle in 1 Band. 5. Aufl. Augsburg, M. Probst, 1755
(c) Martin Klöffler
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