Ingenieurgeograph

Ingenieur_geographe_1812_logoxxx

 Donnerstag, 9. Oktober 2014

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Aufgabe

Vereinigtes Königreich der Niederlande, nach 1815: Zur Vorbereitung einer topographischen Aufnahme an der Bergschen Maas zwischen s’Hertogenbosch (Bois-le-Duc) und Heusden soll ein trigonometrisches Netz gelegt werden. Dazu muß die Basis des Dreiecknetzes, also die Seitenlänge des ersten Dreiecks, möglichst genau bestimmt werden, denn aus diesem Dreieck werden alle benachbarten Dreiecke berechnet.

Lösung

Recogniszieren: Der niederländische Ingenieurgeograph Uppelschooten erkundet die geeigneten trigonometrischen Punkte (TP) südlich der Bergschen Maas zwischen Engelen, Crevecoeur, Well, Heusden und Vlijmen. Von jedem TP sollen die benachbarten TP sichtbar sein. Wenn jedoch der 3. Winkel nicht gemessen werden kann, dann müssen wenigstens zwei Winkel von den beiden benachbarten TP zu beobachten sein. Wenn dies nicht gegeben ist, so müssen weiter entfernte TP herangezogen werden.

Aus dem Turm von Vlijmen können Haarsteeg, Well und Bokhoven beobachtet werden; ein herannahender Gewittersturm erzwang allerdings den schnellen Abstieg der beiden Beobachter, da schon mancher Glöckner vom Blitz soll erschlagen worden sein. Der niedrige Turm von Bokhoven erlaubt mit seine kleinen Schalllöchern und allen weiteren von Bäumen verdeckten Zielpunkten keine direkte Beobachtung, kann also nur als Zielpunkt genommen werden.

Entwurf des Dreiecksnetzes: Ein Netz mit möglichst gleichseitigen Schenkel, ca. 2-4 Kilometer langen Seiten, wird vorgeschlagen. Der erste Entwurf stützt sich auf die Türme von Engelen, Vlijmen, Haarsteg, Bokhoven, Well, Hedikhuizen, de Omloop und Groonstraat.

Basis: Da die Entfernung zwischen den gewählten Zielpunkten, den Kirchtürmen, nicht direkt vermessen werden kann, wird eine kleinere, gut zu vermessende Basis zwischen zwei TP gewählt. Ausgehend von der vermessenen Basis und den 4 Winkeln zu den TP läßt sich die Seitenlänge rechnerisch bestimmen. Die zu vermessende Basis wird auf einer geraden und ebenen Chaussee zwischen Hedikhuizen, Engelen und Haarstegen gewählt. Die beiden Endpunkte wurden so bestimmt, daß die beiden gewählten TP, also der Dachreiter der Kirche von Haarsteg und der Turm von Well in etwa mittig auf der Basis stehen. Die Distance wurde mit 20m Meßkette dreimal gemessen, da bei der 2. Messung ein Kettenschlag zu wenig gezählt wurde.

Instrumente: Ein Repetitionstheodolit (nicht abgebildet) mit einer Ablesegenauigkeit von 20” und ein einfacher englischer Theodolit von ca. 1790. Letzterer wurde für provisorische Repetitionen verwendet, für die das Instrument recht eigentlich nicht eingerichtet ist. Der Nonius an der Alidade des Vertikalkreises erlaubt eine Ablesegenauigkeit von maximal 5’, so daß der Repetitionstheodolit theoretisch die 15fache  Genauigkeit hat.

Winkelmessung: Starker, böiger Wind erzwang am Samstag Nachmittag den Abbruch der Messungen, die dann Sonntags fortgesetzt werden konnten. Die niedrige Turmspitze von Bokhoven war durch die vorstehende Bäume fast verdeckt. Für jeden Winkel wurden insgesamt 6 Repetitionen genommen, die im  Winkelregister protokolliert wurden. Aufgenommen wurden die folgenden Zielpunkte im Uhrzeigersinn: Haarsteg, Steinhaus am Deich, Hedikhuizen, Well, Amerzoden, Bokhoven, Vlijmen. Es wird immer von links nach rechts gemessen, wobei die Endpunkte der Basis durch ein Signal markiert wurden. Die Winkel brauchen nicht zentriert werden, da sie direkt über den Endpunkten gemessen wurden, welche  nicht dauerhaft vermarkt wurden.

Auswertung: Die Winkel zwischen Zielpunkt, Standort und  gegenüberliegendem Endpunkt der Basis wurden per sechsfache Repetition gemessen. Wir haben für die gedachte Basisvergrößerung.:

Standort

Ziel links

Ziel rechts

Winkel

Fehler

Station 1

Haarsteg

Station 2

56,559°

8,01’

Station 2

Station 1

Haarsteg

84,399°

1.03’

Station 1

Station 2

Well

76,535°

1,22’

Station 2

Well

Station 1

74,568°

1,52’

 

 

 

Der Fehler des ersten Winkel läßt sich wohl durch die fehlende Übung der Beobachter erklären.

Berechnung: Die Berechnung der Koordindaten erfolgt über die sog. Besselsche Methode über cartes. Coordinaten x und y: Die Koordinate des oberen und unteren TPs werden aus den trig. Standarfomeln ermittelt.  Die Standlinie wird sodann genordet, d.h. um den Punkt 2, der den Nullpunkt repräsentiert, gedreht. Bei Bessel erfolgt dagegen die Drehung um den unteren TP.

Ergebnis

Die Basis hat eine Länge von 1123,92 Metern mit einer Genauigkeit von plus/minus 1,36 Metern.

Die mit der Bussole gemessene  Richtung der Basislinie ist 89° Ost. Die Standlinie wir also durch Drehung von 1° genordet.

Mit der Basisvergrößerung können die Distance vom  Dachreiter der Kirche Haarsteg zum Turm Well wie folgt angegeben werden:

3449 Meter plus minus 4 Meter. Beide auf der Basis aufgesetzte Dreiecke sind in etwa gleichschenklig. Andere Dreiecke wie die nach Bokhoven wären zu spitzwinkelig, also ungenau gewesen.

Über Winkel, Basis, und Nordrichtung der Basis läßt sich ein nach magn. Nord ausgerichtetes kartesisches Koordinatensystem berechnen, welches auf ein Meßtischblatt übertragen werden kann.

Friedrich-Wihelm Netto: Handbuch der gesammten Vermessungkunde, Zweiter Theil, Berlin, 1825: Dreizehnter Abschnitt: III Aufgabe, Trigonometrisches Rückwärtseinschneiden, das Snellius Problem der vier Punkte, Vierte Auflösung (Fig. 67), sog. Besselsche, v. Zachs monatl. Corresp. 1813, März  S. 317 ff. [cartes. Coordinaten]

Recogniszieren

Dreiecksnetz

Kirche von Vlijmen

Kirchturm von Bokhoven

Anvisierter Kirchturm

Chaussee

Basisvergrößerung

Theodolit

Nordrichtung

Winkelmessung

Winkelregister